Leerstehende oder wenig genutzte Bürogebäude zu Wohnflächen machen – für manche Politiker und Immobilienexperten ist das eine Lösung für den angespannten Wohnungsmarkt. Der Mangel an Baugrundstücken und bezahlbaren Wohnungen ist enorm und wird von Woche zu Woche drastischer. Büroflächen umzuwidmen sei neben positiven Einflüssen auf den Wohnungsmarkt ressourcensparend und umweltfreundlich, sagen Befürworter. Immobilienexperte Matthias Heißner, Gründer der Vermieterwelt GmbH, warnt vor Euphorie: „Was einfach klingt, sorgt in der Praxis für weitgehende Umsetzungsprobleme. Umwidmungen lösen das Wohnungsproblem nicht.” Es gebe „substanzielle Unterschiede zwischen Wohnen und Büro“.
Fehlende “best practices”
Heißner verweist auf Themen wie die Belichtung, Sanitärstränge, unterschiedliche Raumhöhen und Installationsgegebenheiten, die bei der Umwidmung bedacht werden müssen. Bürogebäude seien grundlegend auf andere Zwecke ausgerichtet. Dazu komme, dass Gewerbeanlagen bisher selten als Wohnfläche genutzt werden – es fehlen also “best practices”. In Richtung der entscheidenden Politik sagt Matthias Heißner: „Die Umwidmung von Bürogebäuden wird durch langwierige Genehmigungsprozesse der Behörden zusätzlich erschwert. Die Einleitung von Baugenehmigungsverfahren nimmt viel Zeit in Anspruch.“ Ohne Genehmigung sei ein Umbau jedoch illegal.
Vor- und Nachteile abwägen
Bei aller Unklarheit über die tatsächlichen Umsetzungsprozesse könnten Umwidmungen den Wohnungsmangel dennoch reduzieren, betont Heißner. Insbesondere gelte das für den urbanen Raum, in dem immer mehr Bürogebäude – auch aufgrund neuer Homeoffice-Möglichkeiten – weniger bis gar nicht mehr genutzt werden. „Damit die Umbauten funktionieren, werden sehr konkrete Planungen benötigt, die bisher noch nicht flächendeckend vorliegen“, sagt der Vermietungsexperte, der seit über 30 Jahren in der Branche tätig ist. „Eine mögliche Lösung stellt die Nutzung bestehender Bürogebäude und groß angelegtem Neubau dar, der kurzfristig realisierbar sein muss.“
Quelle: Vermieterwelt GmbH
Abhilfe in Zukunft durch adaptive Gebäudestrukturen?
Abhilfe für diese Problematik könnten in Zukunft adaptiv geplante Gebäude schaffen. Die TU Darmstadt forschte und forscht gemeinsam mit der TU Dresden zu “Adaptiven Gebäudestrukturen zur Erhöhung der Ressourceneffizienz von Geschossbauten im städtischen Raum“. Ziel adaptiv geplanter Gebäude ist die Festlegung wesentlicher Gebäudeparameter im Hinblick auf mögliche spätere Umnutzungen, sodass diese ressourceneffizient und kostengünstig realisiert werden kann. Für den derzeitigen Gebäudebestand gilt dies in der Regel nicht. Dieser muss projektspezifisch auf Umnutzungsmöglichkeiten überprüft und individuell planerisch umgewandelt werden.