Gutachten des Wuppertal Instituts zeigt die zentralen Strategien für Nordrhein-Westfalens Krankenhäuser auf dem Weg zur Klimaneutralität
Die Klimaschutzziele der Bundesregierung stellen Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen vor enorme Herausforderungen. Sie haben einen hohen Energieverbrauch und sind nicht immer mit der modernsten Gebäude-Technik ausgestattet. Das belastet den Klimaschutz, bietet aber auch Chancen. Doch wie lassen sich Krankenhäuser energetisch und nachhaltig modernisieren und die Strom- und Wärmeversorgung auf erneuerbare Quellen umstellen? Das Gutachten “Zielbild: Klimaneutrales Krankenhaus” des Wuppertal Instituts im Auftrag der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen schlägt dafür zehn Maßnahmen vor.
Mit einem Anteil von 5,2 Prozent des bundesweiten CO2-Ausstoßes liegt der deutsche Gesundheitssektor nur knapp hinter der Stahlindustrie. Einen großen Teil davon verursachen die Krankenhäuser, wie das Wuppertal Institut in einem Gutachten für die die Ausgangslage beschreibt.
Das nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes novellierte Klimaschutzgesetz schreibt ein Minus von 65 Prozent bei den Treibhausgas-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 vor. “Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, müssen alle Sektoren einen angemessenen Beitrag leisten. Es handelt sich um eine Gemeinschaftsanstrengung, die erhebliche Investitionen aber auch die Änderungen von Routinen erfordert”, betont Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischedick, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts.
Gutachten benennt Maßnahmen für Emissionen, Mobilität und Warenketten
Das Gutachten, dass das Wuppertal Institut für die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) erstellt hat, entwirft für die 337 nordrhein-westfälischen Krankenhäuser ein “Zielbild: Klimaneutrales Krankenhaus”, das zehn konkrete Maßnahmen und ihre Effekte auf das Klima darstellt. Die Forschenden benennen dafür drei Handlungsfelder – auch Scopes genannt – für die NRW-Krankenhäuser: Das erste adressiert die direkt von den Einrichtungen ausgehenden Emissionen, etwa von ihren Heizungsanlagen, Fuhrparks oder Narkosegasen. Das zweite zielt auf die indirekten Emissionen aus bezogenen Energiequellen für Strom oder Fernwärme ab. Der dritte Bereich umfasst die Mobilität von Mitarbeitenden, Patient*innen sowie Besucher*innen und betrifft ebenso alle Warenketten inklusive der Arzneimittel und der Speisenversorgung.
“Um in allen Bereichen klimaneutral zu werden, müssen die Krankenhäuser den Prozess in die Hände von hauptamtlichen Klimaschutzmanager*innen legen”, nennt Oliver Wagner, Co-Leiter des Forschungsbereichs Energiepolitik am Wuppertal Institut und Hauptautor des Gutachtens, eine zentrale Voraussetzung, welches zugleich als erste von zehn Maßnahmen durch die Krankenhäuser umgesetzt werden sollte. “Entscheidend für den Erfolg ist, dass es eine Person gibt, die sich als Motor und Promoter*in des Klimaschutz-Prozesses um die Umsetzung kümmert”, ergänzt Wagner.
Den größten Investitionsaufwand und zugleich größten Effekt erzielen die Krankenhäuser nach Ansicht der Wissenschaftler*innen bei der energetischen Sanierung der Gebäudehüllen – also Dächer, Fassaden und Fenster. Weitere Felder sind die Wärme- und Kälteerzeugung, der Einsatz von Photovoltaik, die Umstellung auf LED-Beleuchtung, der Austausch von Lüftungsanlagen, der Tausch von Heizungspumpen, die Umstellung auf möglichst autofreie Mobilität aber auch Elektromobilität sowie Substitution von Narkosegasen durch andere Anästhesieverfahren, wie Spinalanästhesie bzw. intravenöse Anästhesie, oder dem Recycling von Narkosegasen mittels Narkosegasfilter.
Werden die Maßnahmen konsequent umgesetzt und gelingt es, die dafür notwendigen Investitionsvolumina zu generieren, kann den Analysen des Wuppertal Instituts folgend ein adäquater Beitrag zu den Klimaschutzzielen geleistet werden. Zudem ist es wichtig, dass große Mengen Verbrauchsmaterial reduziert werden. Vor allem die Möglichkeiten zur Reduzierung des Kunststoffabfalls werden in vielen Krankenhäusern diskutiert. Mit einem nachhaltigen Beschaffungswesen ließen sich beim Einkauf und bei der Nutzung von Produkten die Treibhausgas-Emissionen in Scope 3 signifikant reduzieren.
Zweites Gutachten analysiert finanzielle Rahmenbedingungen
Daneben hat das hcb Institut for Health Care Business (Essen) für die KGNW in einem zweiten Gutachten die erforderlichen finanziellen Rahmenbedingungen analysiert und Handlungsempfehlungen formuliert. Ihre Untersuchung zeigt, dass die unausweichliche Transformation der Kliniken hin zur Klimaneutralität nur mit einem neu zu schaffenden Krankenhaus-Klimafonds gewährleistet werden kann.
Quelle: Wuppertal Institut