Forschungsergebnisse aus Forst und Holz in der Praxis etablieren

66 Forschungsprojekte rund um Wald und Holz werden im diesjährigen Charta-Statusbericht SPEZIAL vorgestellt. Die Broschüre zur Statustagung ist in der Mediathek der FNR erhältlich. Quelle: FNR
66 Forschungsprojekte rund um Wald und Holz werden im diesjährigen Charta-Statusbericht SPEZIAL vorgestellt. Die Broschüre zur Statustagung ist in der Mediathek der FNR erhältlich. Quelle: FNR

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) setzt für die nationalen und europäischen Ziele beim Klimaschutz und die Ausrichtung der Wirtschaft auf die Bioökonomie weiter auf die verstärkte Verwendung von Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung. Die Gesellschaft sei auf den nachwachsenden Rohstoff angewiesen, erklärte die Leiterin der Abteilung Wald, Nachhaltigkeit, Nachwachsende Rohstoffe im BMEL, Dr. Eva Ursula Müller, auf der diesjährigen Statustagung zur Charta für Holz 2.0.

Die Potenziale von Holz als wertvollem nachwachsenden Rohstoff müssten verantwortungsvoll und effizient genutzt werden, so Müller. Sie begrüßte die Brüsseler Initiative des „Neuen Europäischen Bauhauses“, bei der der Holzbau eine zentrale Rolle spielen könne. Auf der Statustagung waren neben den Berichten aus den sechs Arbeitsgruppen der Charta die Themen Forschung und Wissenstransfer ein Schwerpunkt.

Derzeit unterstützt das BMEL über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) 350 Vorhaben zur Wald- und Holzforschung mit 103,2 Millionen Euro aus dem Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe. Weitere 207 Forschungsprojekte rund um Wald und Holz fördert das BMEL zusammen mit dem Bundesumweltministerium mit 73,2 Millionen Euro über den Waldklimafonds.

Ausgewählte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wurden auf der Tagung exemplarisch vorgestellt. Die Vorhaben sind Bestandteil des Charta-Statusberichtes SPEZIAL, der auf vier Jahre Forschung und Entwicklung im Kontext der Charta zurückblickt und 66 ausgewählte Projekte aus der Forschungsförderung des BMEL und aus der Ressortforschung des Thünen-Instituts beleuchtet.

In der Praxis werden die Forschungsergebnisse dringend erwartet. Unter dem Titel „Komplexe Themen – einfach vermitteln“ unterstrich Prof. Annette Leßmöllmann vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in ihrem Impulsvortrag das aktuelle Erfordernis bildender, aufklärender und anregender Wissenschaftskommunikation im Dialog und „auf Tuchfühlung“ mit der Gesellschaft. Für das Umsetzen konkreter Forschungsergebnisse in der Praxis sei der Transfer nützlichen, umsetzbaren Wissens in beruflichen Kontexten mit klaren Handlungszielen erforderlich. Für den Wissenstransfer aus der Forschung sei es notwendig, die „Praxis in die Wissenschaft zu holen“, so die Professorin.

Schwerpunkte der sechs Arbeitsgruppen

Die Vertreter der Arbeitsgruppen zu den sechs Handlungsfeldern der Charta für Holz 2.0 rückten in ihren Arbeitsberichten den Bereich Forschung und Entwicklung ebenfalls ins Blickfeld.

Dr. Denny Ohnesorge, Vorsitzender der Charta-Arbeitsgruppe Bauen mit Holz in Stadt und Land, unterstrich das Ziel der Bundesregierung, die Bauforschung zu intensivieren und den Einsatz von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft und weiteren natürlichen Baustoffen weiter zu fördern. Gegenwärtig erarbeitet die AG in Kooperation mit Fachberatern einen Leitfaden zum Vergaberecht für den Holzbau. Die Tatsache, dass der Holzbau auf politischer Ebene diskutiert, seine Potenziale erkannt und in der Praxis stark nachgefragt werde, sei auch ein Erfolg der Charta für Holz, so Dr. Ohnesorge. Dennoch seien neben der Forschung auch weitere Anpassungen des Baurechts erforderlich, um das mehrgeschossige und materialeffiziente Bauen mit Holz voranzubringen. Ein weiteres Thema der AG ist die Bildung und Lehre im Holzbau, bei der die Experten der AG die Entwicklung von Angeboten unterstützen.

Auf die angesichts der Waldschäden wachsende Verantwortung für einen effizienten Umgang mit dem Wertstoff Holz verwies Anemon Strohmeyer als Vorsitzende der AG Material- und Energieeffizienz. Die Arbeitsgruppe legte für Entscheidungsträger u. a. bereits Empfehlungen zum Etablieren einer ressourceneffizienteren Kreislaufwirtschaft im Bereich Holz vor. „Zukünftig heterogenere Holzsortimente fordern die unterschiedlichen Verwertungswege heraus, flexibler zu agieren“, erklärte sie. Mit Blick auf die Klimaschutzpotenziale im Bereich Transport und Logistik ist für dieses Jahr ein weiteres Empfehlungspapier geplant.

Holz habe eine lange Tradition „in einer immer schon existierenden, aber nicht als solcher wahrgenommenen biobasierten Wirtschaft“, sagte Prof. Matthias Zscheile, Vorsitzender der AG Potenziale von Holz in der Bioökonomie. Heute gehe es darum, Holz als nachwachsenden Rohstoff zunehmend in der chemischen und biotechnologischen Industrie zu etablieren. Seit dem Herbst 2020 erarbeitet die AGHandlungsempfehlungen für ein Thesenpapier „Holzbasierte Bioökonomie“. Ende Februar hatte die Arbeitsgruppe in einem Expertengespräch u. a. Möglichkeiten und Grenzen von Ökobilanzen für innovative Produkte der Bioökonomie ausgelotet.

Zur Bereitstellung hochwertigen Saatgutes für einen klimaresilienten Wald bedürfe es dauerhafter Forschungsstrukturen und langfristiger Finanzierungsmöglichkeiten, erinnerte der Vorsitzende der Charta-Arbeitsgruppe Wald und Holz, Franz Thoma, unter Verweis auf die jüngst von der Arbeitsgruppe vorgelegten Empfehlungen zur Forstpflanzenzüchtung. Aktuell liegt der Fokus der AG u. a. auf dem Risikomanagement der Verfügbarkeit von Nadelrohholz, das vor allem im Baubereich weiter stark gefragt ist. „Wenn wir bis 2050 klimaneutral wirtschaften wollen, wird es ohne Holz nicht gehen – der Rohstoff wird ein wesentlicher Bestandteil des Prozesses sein, betonte er.

Beim Wissenstransfer zu Digitalisierungsthemen sieht die Arbeitsgruppe Cluster Forst und Holz an den Schnittstellen zwischen den Branchen Optimierungsbedarf. Dazu sei der enge Austausch mit dem Runden Tisch „Digitalisierung Forst und Holz“ der FNR erforderlich., berichtete der stellvertretende AG-Vorsitzende Dr. Jürgen Bauer. Zudem unterstützt die Arbeitsgruppe die FNR bei der Vorbereitung der diesjährigen Cluster-Arbeitstagung, die im Auftrag des BMEL auf den Austausch zwischen Netzwerken, Cluster-Initiativen und Landesbeiräten Holz abzielt. Die Tagung in Kooperation mit der Plattform Forst und Holz wird am 20. Mai 2021 online stattfinden und den Fokus auf die Chancen der Digitalisierung für die Kommunikation richten. Zudem wirkt die AG am Entstehen einer internen Online-Plattform zur Vernetzung der bundesweit mehr als 30 Clusterinitiativen zu Forst und Holz sowie an einer Strategie zur Ausbildung und Fachkräftegewinnung im Cluster mit. Für die Erarbeitung eines Branchen-Benchmarks Forst und Holz arbeitet die die AG eng mit dem Thünen-Institut zusammen.

Die Optionen einer „Dachkampagne der Forst & Holz-Branche“ werden in der Arbeitsgruppe Wald und Holz in der Gesellschaft beraten und entwickelt. Ziel einer möglichen gemeinsamen Kommunikationskampagne der Branche sei es, die breite Öffentlichkeit über die Leistungen von Wald und Holz für den Klimaschutz und die Verwendungsmöglichkeiten des Rohstoffes Holz in der Bioökonomie anschaulich und verständlich zu informieren, berichtete AG-Vorsitzende Julia Möbus. Die AG steuert zudem Ideen für Kommunikationsbotschaften, einen Grafikpool und verschiedenste Kommunikationsmaterialien rund um den Bereich Wald und Holz bei.

In seinem Resümée zum Abschluss der Tagung stellte Dirk Alfter, Referatsleiter Nachhaltige Waldbewirtschaftung, Holzmarkt im BMEL, fest, dass ein deutlicher Wandel spürbar sei. „Die Themen Ressourcen- und Materialeffizienz haben heute einen erkennbar hohen Stellenwert in der Forst- und Holzwirtschaft“, sagte er. Bei der Vielfalt der aufgezeigten Möglichkeiten und innovativen Lösungsansätze sei deutlich geworden, dass sich der Sektor der Verantwortung bei der Verwendung von Holz bewusst ist. Auf den „Marktplätzen“ der Kommunikation müssten die Potenziale und Herausforderungen nachhaltiger Waldbewirtschaftung und Holzverwendung noch stärker thematisiert werden. Eine nächste Gelegenheit dazu bietet sich mit der öffentlichen Veranstaltung „Charta für Holz 2.0 im Dialog“ am 10. Juni 2021, auf der u. a. Beispiele zur Stärkung der Holzverwendung aus anderen europäischen Ländern präsentiert und diskutiert werden.

Hintergrund

Die Statustagung ist ein wichtiger Bestandteil der vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft initiierten Charta für Holz 2.0. Die Charta bildet den Rahmen für einen umfangreichen Dialogprozess, der den verstärkten Einsatz von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft als Beitrag zum Klimaschutz, zur Ressourcenschonung und der Stärkung der ländlichen Räume thematisiert.

Die FNR ist seit 1993 als Projektträger des BMEL für das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe (FPNR) und seit 2019 für den von BMEL und BMU gemeinsam getragenen Waldklimafonds (WKF) aktiv. Sie unterstützt außerdem über WKF und FPNR geförderte Forschungsthemen in den Bereichen nachhaltige Forstwirtschaft und innovative Holzverwendung.

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