Anlässlich der BAU 2023 in München überreichten die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer (BAK), Andrea Gebhard, und der Präsident der Bundesingenieurkammer (BIngK), Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, am 17.4.2023 im Rahmen des vom Bundesbauministerium durchgeführten Kongresses „Bauen 2023“ ein gemeinsames Konzeptpapier der Bundeskammern mit dem Titel „Fit for Nachhaltigkeit“ an Bundesbauministerin Klara Geywitz. Zentrale Eckpunkte des Papiers sind die „Qualifizierungsoffensive Nachhaltigkeit“ der Kammern mit dem Angebot an den Bund, ein kammergeführtes „Bundesregister Nachhaltigkeit“ einzurichten.
Zu geringe Kapazitäten, mangelnde Übersicht – Hürden der Nachhaltigkeit
Hintergrund der Initiative ist die von den Bundeskammern als dringend notwendig erachtete Stärkung von Nachhaltigkeitsaspekten in Planung und Bau. Zwar hat der Bund das Thema seit 2021 als Fördertatbestand in der Gebäudeförderung verankert. Dennoch spielt Nachhaltigkeit bislang nur bei einem geringen Anteil aller Bauprojekte eine Rolle. Gründe dafür sind u.a. die zu geringen Kapazitäten an Nachhaltigkeitsexperten, mangelnde Übersicht beim Kunden hinsichtlich verschiedener Bewertungssysteme und Expertenkategorien und häufig ein vermuteter hoher Aufwand für die Erfüllung der Anforderungen.
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer: „Alles, was wir bauen, muss idealerweise robust, langlebig, gestalterische wertvoll – und somit nachhaltig sein“, betont Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer. „Architektinnen und Ingenieure verfügen bereits über großes Wissen, wie wir intelligent und zukunftsfähig unsere Städte, Quartiere und Landschaften erhalten und weiterbauen. Dennoch werden sich angesichts der Dringlichkeit des Klimawandels und Umweltschutzes Handlungsebenen verdichten und neue Vorgaben entstehen. Daher freue ich mich sehr, dass zukünftig ein qualitätsgesichertes, transparentes und flächendeckendes Weiter- und Fortbildungsangebot zur Verfügung steht. Nachhaltigkeit muss vom Spitzensport zum Breitensport werden!“
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer: „Die zentralen Akteure beim ressourcenschonenden und nachhaltigen Bauen sind die planenden Berufe. Mit den föderalen Strukturen ihrer Kammern und den bereits existierenden Schulungsplattformen wird nachhaltiges Bauen flächendeckend gefördert. Nur wenn die bereits vorhandenen Strukturen genutzt werden, kommt Tempo in die Sache. Ein unabhängiges Angebot an Nachhaltigkeitsberatung stärkt das Vertrauen in die Bauwende.“
Nachhaltiges Planen und Bauen ist eine gemeinsame Aufgabe für Bauherren und die in den Architekten- und Ingenieurkammern vertretenen Planungsdisziplinen. Es sind vor allem die frühen Planungsphasen, in denen Planerinnen und Planer den Bauherrn bei der Zielfindung unterstützen und die planerischen Weichenstellungen Richtung Nachhaltigkeit vornehmen können. Damit befinden sich die in den Architekten- und Ingenieurkammern vertretenen Planungsdisziplinen in der zentralen Rolle beim Nachhaltigen Bauen. Die Kammern wiederum liefern dem Berufsstand die notwendige Infrastruktur in Sachen Qualifikation und Qualitätssicherung.
Vorhandene Fort- und Weiterbildungsangebote bündeln und besser zugänglich machen
Die „Qualifizierungsoffensive Nachhaltigkeit“ adressiert die deutschlandweit 138.000 kammergeführten Architekten aller Fachrichtungen und die rund 45.000 kammergeführten Ingenieure. BAK und BIngK verfolgen mit der Qualifizierungsoffensive kurzfristig das Ziel, bereits vorhandene Fort- und Weiterbildungsangebote zu bündeln und bundesweit noch besser zugänglich zu machen. Ferner bieten BAK und BIngK dem Bund an, ein Schulungsangebot zu entwickeln, durch das die Nachweisberechtigung für eine künftige Förderstufe QNG-BASIS und perspektivisch auch für eine ordnungsrechtliche Regelung erworben werden kann. Das Ziel dahinter ist es, die Systemanbieter-unabhängige Beratungskompetenz im Markt zu stärken. Denn die Rolle eines unabhängigen Nachhaltigkeitslotsen und eine systemübergreifende Nachhaltigkeitsberatung sind in der Logik der aktuellen Gebäudeförderung nicht verankert.
In dem vorgeschlagenen kammergeführten „Bundesregister Nachhaltigkeit“ können und sollen dann diejenigen Personen geführt werden, die die Nachweisberechtigung für eine künftige Förderstufe QNG-BASIS erworben haben. Die Eintragungsmöglichkeit beschränkt sich dabei nicht auf die Mitglieder der Kammern. Die Intention hinter dem Bundesregister ist es, im Interesse des Verbraucherschutzes und der hohen baulichen Anforderungen die Qualität der Nachhaltigkeitsplanerinnen und -planer zu sichern. Und – Stichwort „Qualifikation muss sich lohnen“ – sicherzustellen, dass der Zugang zu besonders anspruchsvollen Geschäftsfeldern nur besonders qualifizierten Akteuren vorbehalten ist. Und schließlich kann ein solches Register eine Bündelungsfunktion übernehmen und Transparenz für Gebäudeeigentümer und Investoren schaffen.