Architects for Future fordern UMbauordnung für Deutschland

Aufstockung der Lagerhalle K 118 in Winterthur ausschließlich mit bereits vorhandenen Bauteile aus Rückbauten. Foto: Martin Zeller, Baubüro: in situ, Bauherrschaft: Stiftung Abendrot
Aufstockung der Lagerhalle K 118 in Winterthur ausschließlich mit bereits vorhandenen Bauteile aus Rückbauten. Foto: Martin Zeller, Baubüro: in situ, Bauherrschaft: Stiftung Abendrot

Architects for Future – A4F fordert eine Aktualisierung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Bauen. Nach der Petition “Bauwende JETZT” stößt A4F eine Novellierung der Bauordnung durch die Bauministerkonferenz an. Als Diskussionsgrundlage für die Bauminister:innen hat A4F bereits sieben Änderungsvorschläge ausgearbeitet. Die konkreten Ansätze reichen von Vorteilen für das Bauen im Bestand über das Streichen der Stellplatzforderung für Autos bis zur Einbau-Erlaubnis gebrauchter Materialien.

Architektin Christina Patz, Koordinatorin für Bauen im Bestand bei A4F: “Ein klimaneutraler Gebäudesektor ist nur realisierbar, wenn neben Energieeffizienz im Betrieb folgende Punkte umgesetzt werden:

  1. Revitalisierung des Gebäudebestandes,
  2. Wertschätzender Umgang mit den Ressourcen Fläche und Material,
  3. Kreislauffähiges Bauen.”

Umfrage: gesetzlicher Rahmen ist wesentliches Hemmnis

Laut der Expertin stehen dem aktuell viele Hemmnisse entgegen, die von A4F in einer breiten Umfrage unter erfahrenen Architekt:innen identifiziert werden konnten. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind ein wesentlicher Teil dieser Hemmnisse.

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A4F hat die Ergebnisse der Umfrage zum Anlass genommen und als ersten Schritt Vorschläge erarbeitet, die Musterbauordnung (MBO) zu einer MusterUMbauordnung zu entwickeln. Das Ziel einer MusterUMbauordnung: Der gesamten Immobilienbranche soll eine  zukunftsorientierte Entwicklung und ein nachhaltiges Wirtschaften ermöglicht werden.

Nicht zuletzt der Entscheid des Bundesverfassungsgerichts hat gezeigt, dass die bisherigen Maßnahmen in Deutschland nicht ausreichend sind, um die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte 1,5°-Grenze einzuhalten. “Dabei liegt im Bausektor der größte Hebel, denn rund 40 Prozent der Treibhausgasemissionen und über die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland entstehen hier. Darüber hinaus verbraucht der Bausektor in Deutschland etwa 90 % aller nicht nachwachsenden mineralischen Ressourcen unwiederbringlich”, erläutert Michael Wicke, Co-Koordinator für Bauen im Bestand bei A4F.

Sieben Stellschrauben

Mit teilweise geringfügigen Änderungen im Wortlaut zur bisherigen MBO, sieht Architects for Future ein großes Verbesserungspotential an folgenden sieben Stellschrauben, um die Revitalisierung des Gebäudebestandes als “Standard”-Bauaufgabe anzuerkennen und die Zwänge beim Bauen im Bestand zu berücksichtigen sowie wertschätzender mit den Ressourcen Fläche und Material umzugehen:

  1. Einführung von flexibleren Regelungen für das Bauen im Bestand
  2. Einführung einer generellen Genehmigungspflicht für Abrissmaßnahmen mit Verpflichtung zur Prüfung auf Sanierungsfähigkeit sowie für alle Bauvorhaben die Vorlage eines Rückbaukonzeptes
  3. Das Streichen der Kfz-Stellplatzforderung zugunsten ganzheitlich ausgerichteter kommunaler Mobilitätskonzepte,
  4. Ergänzung der Regelungen für gesunde Belichtung und Belüftung um die Schaffung von qualitativen Stadt-und Freiräumen, anstelle von reinen Regeln für Abstandsflächen
  5. Änderung der Zulassungsbedingungen für Bauprodukte zugunsten sekundärer Bauteile und Baustoffe
  6. Einführung eines Materialausweises für Gebäude, um verbaute Ressourcen für eine spätere Wiederverwendung zu dokumentieren
  7. Erhöhte Anforderungen an Typengenehmigungen – für Serienfertigung von Gebäuden -, um auch hier ökologische und energetische Standards zu verankern, die einem klimaneutralen Gebäudebestand gerecht werden.

Am 02.07.2021 hat A4F die Vorschläge mit bis dato über 20 mitunterzeichnenden Verbänden aus der Baubranche und Unterstützung von Professor:innen aus Architektur und Ingenieurswesen als offenen Brief an die Bauministerkonferenz verschickt, mit der Aufforderung an den Vorsitzenden Herrn Minister Prof. Dr. Hoff sowie die Bauminister:innen der Länder, sich dieses Themas anzunehmen und eine Änderung der Bauordnung zu beschließen und zu erarbeiten.

Bundesarchitektenkammer begrüßt den wichtigen Diskussionsbeitrag

In einem Begleitschreiben der Bundesarchitektenkammer (BAK) begrüßt Präsidentin Andrea Gebhard den Vorschlag von A4F als “sehr wichtigen Denkanstoß und Diskussionsbeitrag.” Die BAK unterstütze den geforderten Paradigmenwechsel, die bisherigen Schutzziele der MBO um die Ziele des Klimaschutzes zu erweitern. “Im Detail sieht die BAK jedoch noch Klärungs- und Nachschärfungsbedarf. So sollte aus BAK-Sicht genauer betrachtet werden, wie sich das angestrebte Ziel einer Vorrangstellung von Bestandserhalt und Kreislauffähigkeit bei gleichzeitiger Vermeidung von Verteuerungen des (Um-)Bauens und von Verkomplizierungen des Planungs- und Bauprozesses erreichen lässt. Wirtschaftlichkeit für Bauherren und Praktikabilität für Planerinnen sind aus BAK-Sicht neben den vorgeschlagenen Maßnahmen wichtige Argumente, die über die Faktoren Zeit und Geld, auch die Klimarelevanz von Bauvorhaben beeinflussen.”

Planungssicherheit und Image für das Bauen im Bestand verbessern

Mit einer MusterUMbauordnung möchte A4F nicht nur wichtige Veränderungen einleiten, die unumgänglich für das Einhalten der 1,5°-Grenze sind, sondern auch die Planungssicherheit und das Image für das Bauen im Bestand generell verbessern. Durch bessere Sanierungs-, Umbau-, bzw. Erweiterungsmöglichkeiten, sowie flexiblere Nutzungsmöglichkeiten sollen Eigentümer:innen die Sicherheit bekommen, dass ihre nachhaltig umgebaute Immobilie auch in den nächsten Jahrzehnten werthaltig und gut vermietbar ist. Höhere Qualität lässt sich nicht nur besser vermarkten und nachhaltiger fördern, sondern bietet den Eigentümer:innen auch Risikominimierung durch höhere Klimaresilienz und last but not least den Nutzer:innen eine höhere Behaglichkeit.

Über Architects for Future e.V.

“Architects for Future” setzen sich für die Einhaltung der Ziele des Pariser Klimaabkommens und die Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5° ein. Die international aktive Initiative engagiert sich für einen nachhaltigen Wandel im Bauwesen. Die Mitglieder des gemeinnützigen Vereins sind überwiegend im Bausektor tätig und arbeiten kooperativ auf allen Ebenen, um das Bauen im Sinne des Klimaschutzes zukunftsfähig zu machen.

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