Eine aktuelle Crowdfunding-Kampagne will Seegras als Dämmstoff für öffentliche Gebäude nutzbar machen. Die Kampagne “Seegras für alle!” strebt die Finanzierung von Untersuchungen an, die für die bauaufsichtliche Zulassung von Seegras notwendig sind. Mit einem Ziel von 24.000 Euro sollen die Eigenschaften von Seegras als Dämmmaterial wissenschaftlich belegt und für den Einsatz in Gebäuden wie Kindergärten und Schulen zertifiziert werden.
Vom Entsorgungsproblem zur wertvollen Ressource
Die Entsorgung von Seegras, insbesondere an den Stränden der Ostsee, stellt seit Jahren eine finanzielle und logistische Herausforderung für Küstengemeinden dar. Die jährlichen Kosten für die Beseitigung können für Orte wie Eckernförde bis zu 100.000 Euro betragen. Doch was bisher als Ärgernis galt, wird zunehmend als wertvolle Ressource für die Bauindustrie erkannt. Das Crowdfunding-Projekt “Seegras für alle” zielt darauf ab, diese natürliche Ressource für die Dämmung öffentlicher Gebäude nutzbar zu machen.
Die Initiatoren Jörn Hartje und Swantje Streich von der Seegrashandel GmbH haben in den vergangenen 11 Jahren circa 400 Baustellen mit Seegras beliefert. Angesichts des allgemein steigenden Bedarfs an Dämmmaterialien und regelmäßiger Anfragen aus Architekturbüros und Zimmereien, die auf die offizielle Zulassung angewiesen sind, möchten sie nun den wichtigen Entwicklungsschritt der bauaufsichtlichen Zulassung gehen. Dafür werden von einem Institut verschiedene Werte untersucht und beziffert wie z.B. das Brandverhalten, die Wärmeleitfähigkeit, Wärmespeicherkapazitäz, Setzungsverhalten u.ä.
Vom Strand zum Bau: Das Potenzial von Seegras
Seegras, speziell aus der Ostsee gewonnen, sticht durch seine hervorragende Ökobilanz hervor. Es wird nicht angebaut, sondern als Teil des Küstentreibguts gesammelt, benötigt also keine zusätzlichen Ressourcen für seine Produktion. Nach seiner Nutzungsdauer kann Seegras problemlos kompostiert werden, was es zu einem idealen Material für das nachhaltige Bauen macht. Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt ist die Bindung von bis zu 35-mal mehr Kohlendioxid pro Hektar im Vergleich zu einem Regenwald, was Seegraswiesen zu einem wichtigen Faktor im Kampf gegen den Klimawandel macht.
Seegras als Dämmstoff bietet zudem zahlreiche funktionale Vorteile. Es ist schimmel- und ungezieferresistent, durch den hohen Salzgehalt nicht brennbar und verfügt mit einer Wärmeleitfähigkeit von 0,039 bis 0,046 W/(mK) über gute Dämmeigenschaften. Diese Merkmale, kombiniert mit der einfachen Handhabung als Stopfmaterial, machen Seegras zu einer attraktiven Option für die Dämmung. Die Feuchtigkeitsregulierung und die Fähigkeit, Schadstoffe zu binden, sind weitere Pluspunkte, die das Material für eine breite Anwendung interessant machen. Der Verzicht auf chemische Zusätze und die einfache Rückführung in den natürlichen Kreislauf unterstreichen den nachhaltigen Charakter des Materials.
